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Geschichten Das Werk in Trümmern

Noch kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, am 19. April 1945, fielen Bomben auf Stuttgart. Zwei Tage später marschierten französische Truppen in die Stadt ein. Bei den insgesamt 53 Luftangriffen seit Kriegsbeginn wurden mehr als die Hälfte der Gebäude Stuttgarts zerstört, über 4.500 Menschen kamen ums Leben.

In den Morgenstunden des 21. Februar 1944 flogen 550 alliierte Bomber nach Stuttgart und richteten in Bad Cannstatt, Feuerbach und Zuffenhausen große Verwüstungen an. Bomben trafen auch das Woerner’sche Gelände. Die Firmengebäude wurden bis auf die Grundmauern zerstört. Glücklicherweise blieb die Villa der Familie Woerner weitgehend verschont, lediglich der Dachstuhl brannte aus.

„Das war ein harter Schlag für unseren Chef, war doch in einer Nacht sein Lebenswerk ausgelöscht worden“, kommentierte Alfred Dürr in seinen Aufzeichnungen zur Firmengeschichte den verheerenden Zustand der Fabrik. Doch Eugen Woerner stellte sich dem Schicksalsschlag. Schon am Tag nach den Angriffen begann die Belegschaft bei eisiger Kälte, den Schutt auf die Seite zu räumen. Wochenlang dauerten die Aufräumarbeiten an. Die Maschinen, der Witterung ausgesetzt, setzten Rost an. Mit noch verwendbaren Backsteinen anderer Gebäudeteile wurden versengte Mauern ersetzt, ab August 1944 schützte wieder ein Dach Mensch und Maschinen. In der Woerner’schen Villa richtete man Büroräume für den Ein- und Verkauf, die technischen Zeichner und die Buchhaltung ein.

Um die Ölsperren-Produktion zu sichern, mietete Eugen Woerner im etwa 40 Kilometer entfernten Linsenhofen eine Werkstätte. Die notwendigen Automaten, Revolverbänke und Prüfstände wurden kurz nach dem Luftangriff frühmorgens dorthin transportiert, um feindlichen Tieffliegern zu entgehen. Noch über ein Jahr sollte die immer heftiger und häufiger werdende Bombardierung Stuttgarts andauern.

Quellen und Literatur

Bardua, Heinz: Stuttgart unterm Bombenhagel, in: Hiller, Marlene P. (Hg.): Stuttgart im Zweiten Weltkrieg, 2. Aufl., Gerlingen 1990, S. 389-396.

Firmenarchiv EUGEN WOERNER: Aufzeichnungen von Alfred Dürr zur Firmengeschichte, 1972 | Rede von Sigrid Kärcher zu ihrem 50-jährigen Betriebsjubiläum, 1994.

Müller, Roland: Stuttgart zur Zeit des Nationalsozialismus, Stuttgart 1988 (Univ. Diss.), S. 435.

Staatsarchiv Wertheim: Antrag von Eugen Woerner auf Feststellung von Kriegssachschäden beim Lastenausgleichsamt, Signatur: K-LRA 22 Nr. 125.

Stadtarchiv Stuttgart: Schadenserhebungen an Gebäuden durch das Instandsetzungsamt, Signatur: 131-1466.